Meditation ohne Mystik

Eine Reise zu uns selbst

Was haben Oprah Winfrey, Richard Gere, Tina Turner, Lady Gaga, Paul McCartney und Fußballtrainer Thomas Tuchel gemeinsam? Sie meditieren.

Immer mehr Promis schwören auf die Kraft innerer Einkehr und tiefer Versenkung. Amerikanische Tech-Giganten wie Google und Apple bieten sogar eigene Meditationsprogramme und -räume für ihre Mitarbeiter an.

Meditation ist im Westen endlich angekommen und ihre nachhaltige Wirkung wird zunehmend wissenschaftlich erforscht und anerkannt.

War sie noch vor wenigen Jahren ideologisch meist an Traditionen und spirituelle Gemeinschaften gebunden, so hat sich Meditation zunehmend befreit und erreicht heute als Achtsamkeitspraxis immer mehr Menschen.

Was ist eigentlich Meditation?

Eine allgemeingültige, wissenschaftlich anerkannte Definition dafür gibt es bis heute nicht.

Es geht um eine bewusste, wertneutrale, achtsame Geisteshaltung im gegenwärtigen Moment. Gedanken, Gefühle und Empfindungen kommen und gehen, ohne dass wir sie festhalten oder wegschieben.

Meditation dient im klassischen Sinne yogischer und buddhistischer Schulen keinem „Zweck“. Wir lernen, bewusst zu sein, ohne uns einer Sache bewusst zu sein.

Es gibt diverse Meditationstechniken – die Psychologen Matko & Sedlmaier (2019) unterscheiden folgende sieben:

  • Meditation mit Bewegung (z.B. japanische Gehmeditation)
  • Körperzentrierte Meditation (z.B. BodyScan, Atemmeditation)
  • Achtsames Beobachten von Gedanken, Gefühlen, Empfindungen
  • Kontemplation (Nachsinnen über grundlegende Fragen)
  • Visuelle Konzentration auf ein äußeres oder inneres Objekt
  • Affektzentrierte Meditation (z.B. Metta-Meditation)
  • Mantra-Meditation (stille oder laute Wiederholung)

Warum meditieren wir?

Die heutigen Motivationen zur Meditation sind vielfältig, weltlich und spirituell.

Oft dient sie der besseren Stressbewältigung und Spannungsregulation, High-Performer möchten durch mehr Fokus ihre Leistungsfähigkeit steigern, psychosomatisch Erkrankte erhoffen sich eine symptomatische Entlastung, Sinnsuchende streben nach Selbsterkenntnis. Viele wünschen sich auch einfach nur mehr Ruhe, Gelassenheit und Wohlbefinden.

In therapeutischen Kreisen sprechen wir mittlerweile sogar von konkreten Indikationen und Kontraindikationen.

Dimension der Zeitlosigkeit und des Nicht-Tuns

Unsere moderne westliche Gesellschaft ist geprägt von Leistungsdenken und Zeitdruck. Die wirtschaftliche Kosten-Nutzenrechnung übertragen wir oft in unser Privatleben und streben auch dort nach Erfolg, Wirkung und messbaren Ergebnissen. Leben bedeutet aber viel mehr als das.

Meditation setzt hier den dringend erforderlichen Kontrapunkt. Wir treten ein in die Dimension der Zeitlosigkeit, ohne Anfang und Ende, ohne Anspruch an Wirkung oder Nutzen. Wenn sich körperliche und geistige Vorteile einstellen, ist das schön. Wenn nicht, ist das genauso schön.

Meditation bedeutet Nicht-Tun. Wir kreieren lediglich einen Rahmen, in dem nun kommt und geht, was kommt und geht. Ohne zu kontrollieren, ohne zu beeinflussen, ohne zu beurteilen oder verurteilen. Diese innere Haltung ist zutiefst befreiend und wirkt nachhaltig in den Alltag hinein.

So kann es gehen – Schritt für Schritt

Der meiner Erfahrung nach beste Einstieg in die Meditationspraxis ist die Atemmeditation, die ich nachfolgend zum Ausprobieren anleite.

Wählen Sie eine Tageszeit, in der sie ungestört und ohne Zeitdruck üben können. Erfahrungsgemäß eignet sich der frühe Morgen nach dem Austehen am besten, aber auch der Abend ist geeignet. Planen Sie wenigstens 15 Minuten ein, um eine erste Tiefe zu erreichen.

Schritt 1 – Sitzposition einnehmen

Setzen Sie sich bequem auf den Boden und verwenden Sie ein Sitzkissen, um die Knie leichter auf den Boden zu bringen und den Oberkörper aufzurichten. Haben Sie dabei Beschwerden, wählen Sie besser einen Stuhl ohne Lehne und setzen Sie sich aufrecht auf die vordere Kante.

Finden Sie eine Position für Ihre Beine, in der Sie ungehindert mit geradem Oberkörper wenigstens 15 Minuten angenehm sitzen können. Geben Sie in dieser Haltung Ihr ganzes Gewicht nach unten ab.

Schritt 2 – Aufmerksamkeit nach innen lenken

Schließen Sie nun Ihre Augen und lenken Sie die Aufmerksamkeit von außen nach innen. Wie geht es Ihnen gerade, wie fühlen Sie sich? Nehmen Sie vielleicht eine Anspannung oder Unruhe wahr? Wenn ja, wo genau? Beobachten Sie diese unangenehmen Empfindungen, ohne sie gezielt zu beeinflussen. Sie sind nun Teil Ihrer Erfahrung, die wir Meditation nennen.

Schritt 3 – Atem beobachten

Richten Sie nun Ihren Fokus auf den Atem, der an der Nasenspitze kommt und geht. Spüren Sie die frische, kühle Luft beim Einatmen in Nase und Hals und die warme Luft beim Ausatmen. Nehmen Sie dabei auch wahr, wie sich Ihre Bauchdecke hebt und senkt und Ihr Brustraum weitet und verengt. Lassen Sie nun Ihre Aufmerksamkeit wandern, von der Nase zum Brust- und Bauchraum und wieder zurück – ganz spontan und mühelos.

Schritt 4 – Gedanken vorbeiziehen lassen

Auch bei bester Konzentration auf den Atem treten regelmäßig Gedanken, Gefühle oder körperliche Empfindungen auf, die uns ablenken. Das ist völlig normal und Teil Ihrer Erfahrung. Stellen Sie sich Ihre Gedanken als Wolken am Himmel vor – sie entstehen dort, ziehen vorüber und lösen sich wieder auf. Der Himmel ist unser Geist, in dem Alles entsteht und vergeht. Unser Problem sind nicht die Gedanken, sondern unsere Identifikation und Beschäftigung mit ihren Inhalten. Nehmen wir sie einfach an, wie sie sind, verschwinden sie meist viel schneller, als wir denken.

Mit zunehmender Dauer stellt sich zwischen den Gedanken oft ein Gefühl der Ruhe, des inneren Friedens und der Schwerelosigkeit ein. Genießen Sie dieses und verweilen Sie darin, so lange es möglich und angenehm ist.

Schritt 5 – Im Hier und Jetzt ankommen

Nun kommen Sie wieder sanft zurück und nehmen Ihren Körper wahr, wie er hier in diesem Raum sitzt. Atmen Sie wieder etwas tiefer ein und aus, bewegen Sie Ihre Hände, dehnen und strecken Sie sich und öffnen Sie dann wieder Ihre Augen. Vielleicht möchten Sie noch einen Moment nachsinnen, Dankbarkeit für das Erlebte spüren oder sich auf die vor Ihnen liegenden Aufgaben ausrichten.

Vorsicht Egofalle!

Früher war ich erfolgreich, gesund und fit – jetzt bin ich auch noch spirituell. Das denken viele Meditierende nach ein paar Monaten der Praxis.

In einigen buddhistischen und yogischen Traditionen werden intensive tantrische Praktiken durchgeführt, die mit starken energetischen oder mystischen Erfahrungen einhergehen können. Anhand dieser bewerten Manche, ob ihre jeweilige Praxis gut und tief war. Das ist eine Egofalle.

Meditation macht uns nicht besser, sondern bewusster!

Probieren Sie es gleich mal aus.

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