Gesundheit zur Leistungssteigerung?

Die wahren Ziele im Ayurveda

Körperliche Fitness und mentale Balance liegen voll im Trend.

Frau und Mann will auch im fortgeschrittenen Alter noch gut aussehen, energiegeladen und belastbar sein, mithalten können. Beruflicher und privater Erfolg hängen davon entscheidend ab, wird uns suggeriert.

Auch in der Geschäftswelt ist der Wandel unübersehbar: standen früher Ausbildung und Fachkompetenz im Vordergrund, so nehmen heute weichere Ressourcen wie Gesundheit, Charisma, soziale Kompetenz und ganzheitlicher Mindset eine immer größere Bedeutung ein.

Der Drang nach Selbstoptimierung durch ständige digitale Vermessung ist an den meisten Handgelenken sichtbar – Tag und Nacht. Fragen wie „Wie geht es Dir“ oder „Hast Du gut geschlafen“ werden zunehmend über Feedbacks diverser Apps beantwortet, die „objektive“ Daten liefern.

Kaum ein Unternehmen kann heute noch auf Achtsamkeitskurse verzichten, Yoga und Meditation sind mittlerweile Mainstream. Wer kann, plant ein Sabbatical oder zumindest regelmäßige Auszeiten ein. Pilgerwege, Retreats oder Urlaub im Kloster – der Markt boomt.

Wozu dienen all diese, auf den ersten Blick förderlichen Aktivitäten? Aus welcher Motivation heraus möchten wir uns ständig weiterentwickeln? Wann werden scheinbar gesundheitsfördernde Maßnahmen bedenklich?

Tradierte Systeme wie der Ayurveda geben uns wertvolle Antworten.

Gesundheit aus ayurvedischer Sicht

Das Ziel aller präventiven und kurativen ayurvedischen Maßnahmen heißt Svastha und bedeutet übersetzt so viel wie „im Selbst ruhen“.

In einem Klassiker der Ayurvedamedizin steht:

„Ein Mensch wird gesund genannt, der in sich ruht, dessen Physiologie im Gleichgewicht ist, dessen Verdauung und Stoffwechsel gut arbeiten, dessen Gewebe und Ausscheidungen bestens funktionieren und dessen Sinne, Geist und Seele voller Glückseligkeit sind.“ Sushruta Samhita

Nunja, der Weg ist das Ziel.

Damit wir uns diesem stetig annähern, müssen wir jeden Tag etwas für unser Gleichgewicht tun. Hierzu gehören zuträgliche Rhythmen, frische und wertvolle Nahrung, Bewegung und Körperpflege, regelmäßige Entlastungszeiten und Reinigungen sowie ein werteorientiertes Leben.

Wer bereits versucht, „ayurvedisch“ zu leben, kennt die Herausforderungen – gefühlt können wir uns den ganzen Tag mit uns selbst und gesunden Routinen beschäftigen. Tun wir das, werden wir sozial unverträglicher.

Und wozu dieser ganze salutogenetische Aufwand, wenn Alter, Krankheit und Tod ohnehin eines Tages auf uns warten?

Gesundheit dient keinem Selbstzweck!

Ayurveda hat das altindische Konzept der „Objekte menschlichen Strebens“ (Purushartha) angenommen. Hierbei handelt es sich um vier Säulen, die wir modern als Lebensziele verstehen können:

  • Dharma – ethisch-moralische Rechtschaffenheit und Pflichten
  • Artha – Besitz, Wohlstand und materielle Selbstverwirklichung
  • Kama – sinnlicher Genuss, Freuden, Wünsche, Lusterfüllung
  • Moksha – spirituelles Streben nach Erkenntnis und Befreiung

 

Gesundheit ist die Basis zur Verwirklichung dieser Lebensziele.

Chronische und schwere Krankheiten erschweren oder verhindern die Zielerreichung. Daher sollten wir diesen mit aller Kraft vorbeugen, sie möglichst heilen oder zumindest kontrollieren.

Dieser Aufwand lohnt sich. Er führt zu einem langen, gesünderen und sinnerfüllten Leben im Einklang mit Naturgesetzen. Dafür steht Ayurveda.

Höher, schneller, besser, weiter?

Zurecht wird in ganzheitlich denkenden Kreisen kritisiert, dass viele gesundheitliche Aktivitäten primär wirtschaftlichem Nutzen dienen.

Wenn wir unsere Fitness aus der alleinigen Motivation einer höheren Leistungsfähigkeit steigern, kann dies mittelfristig zu Erschöpfung und psychosomatischen Beschwerden führen.

Die zentrale Frage ist daher, was wir mit gesteigerter Energie und mehr Gesundheit nachhaltig tun möchten. Arbeiten wir länger, schlafen kürzer, takten uns enger, übernehmen mehr Verantwortung, praktizieren Multitasking und definieren Erfolg als stetigen Wachstum, so ist der durch gesunde Lebensweise erworbene Kredit schnell aufgebraucht.

Der Schlüssel liegt im Gleichgewicht

Gesundheit entsteht durch ein dynamisches Gleichgewicht aller Kräfte in uns. Das Wort dynamisch ist hierbei wichtig: natürlich können wir nicht jeden Tag balanciert gestalten. Manchmal passt das Essen gar nicht, der Schlaf ist zu kurz, der Druck zu hoch, Konflikte belasten, Ausgleich fehlt.

Das ist ein Teil vom Leben. Wichtig ist nur, dass wir diese Abschweifungen erkennen und wieder zurück in die Mitte finden: back on track!

Ich empfehle eine 80:20 Regel einzuführen. Wenn wir zu 80% balanciert leben, können wir uns 20% „Freestyle“ erlauben – wenn wir möchten oder es die äußeren Bedingungen nicht anders erlauben.

Um das zu erkennen, gehen Sie jeden Abend vor dem Schlafen für wenige Minuten in eine kurze Reflexion und stellen Sie sich folgende Fragen:

  • Wie lief mein Tag auf einer Skala von 0 (katastrophal) bis 10 (grandios)?
  • Standen meine Handlungen im Einklang mit meinen Werten?
  • War ich verbunden mit Menschen, die mir am Herzen liegen?
  • Gelang mir ein Spannungsausgleich zwischen Aktivität und Ruhe?
  • Habe ich allen vier Lebenssäulen Zeit und Aufmerksamkeit geschenkt?

 

Führen Sie vier Wochen lang ein Protokoll unter Bewertung aller fünf Fragen von 0 bis 10. Werten Sie dann aus: liegt Ihr Schnitt unter 7, gibt es Veränderungsbedarf. Gehen Sie dann in eine detailliertere Analyse der vier Lebensziele, bei Bedarf gemeinsam mit einem Therapeuten Ihrer Wahl. In der ayurvedischen Psychologie werden diese analytisch in Beziehung zu fünf weiteren Lebensaspekten gesetzt und damit noch tiefer differenziert.

Ihr Quartett für ganzheitliche Gesundheit

Unser Streben nach Gleichgewicht sollte nicht nur wirtschaftlichen Zielen dienen, aber natürlich auch. Alle vier Lebensziele stehen gleichberechtigt nebeneinander und sollten in einem gelungenen Leben täglich beachtet werden. Im modernen Arbeitsalltag überwiegt leider oft Artha, das Streben nach materieller Verwirklichung.

Wenn wir unseren Tag mit Praktiken wie Meditation und Komtemplation rund um Moksha starten und beenden, haben wir den inneren Kompass ausgerichtet. Dharma sollte alle Aktivitäten des Tages durchdringen und Kama die wichtigen Momente des Ausgleichs schaffen.

Mit diesem angewandten Quartett heben Sie Ihre Selbstoptimierung auf ein neues Niveau.

WhatsApp
Facebook
Twitter
LinkedIn
E-Mail