Mental Detox – Von Altlasten befreien

Frühlingszeit ist Detoxzeit – alle Jahre wieder.

Und das aus gutem Grund. Der moderne Lebensstil Vieler ist geprägt von Zeitdruck, Schlafmangel, zu wenig Bewegung und schneller Küche.

Mögliche Folgen sind Verdauungsprobleme, Gewichtszunahme, Müdigkeit und psychovegetative Beschwerden durch Unruhe und Anspannung.

Um die angesammelte Fülle des Winters loszuwerden, nutzen wir bewährte Methoden wie Fasten und Ausleitungsverfahren über Magen-Darm, Atemwege, Nieren und die Haut.

In der Ayurvedamedizin steht mit Panchakarma das seit über 2000 Jahren umfangreichste und auch in Europa höchst bewährte Detoxprogramm zur Verfügung. Stationär als Intensivkur oder ambulant in milder Ausführung.

Ich selbst leitete 12 Jahre lang stationäre Panchakarma Kuren im Herzen Deutschlands und erkannte dort ein besonderes Phänomen, das ich in den 90er Jahren in Indien zuvor kaum erlebte.

Die Reinigung des Körpers führte bei vielen Kurgästen zu einem intensiven Erleben innerer Vorgänge wie Gedanken, Gefühle, Empfindungen und Erinnerungen. Wie können wir diesen begegnen, uns von Altlasten befreien und mit gereinigtem Körper auch geistig neu ausrichten?

Körper, Sinne und Geist bilden eine Einheit

Unser Geist nutzt das Gehirn als Schaltzentrale, die unseren Körper steuert. Umgekehrt werden Informationen über die Umwelt und innere Vorgänge mittels unserer Sinne dem Geist übermittelt, der diese bewertet und beantwortet – innerlich emotional und äußerlich durch Handlung.

Nach einem guten, vollwertigen, alle Sinne befriedigenden Essen fühlen wir uns warm, genährt und einfach wohl. Die Fülle und angenehme Schwere, im Ayurveda Kapha genannt, beruhigt und entspannt.

Umgekehrt empfinden wir beim ungewohnten Auslassen von Mahlzeiten oder verzögertem Essen zunehmend Unruhe, Reizbarkeit, Kälte, Schwäche und Konzentrationsmangel. Diese durch Leichtigkeit und Leere erzeugten Symptome sind das mögliche Ergebnis einer Vata-Zunahme.

Körperliche Fülle und Leere überträgt sich also direkt auf unseren Geist. Im Zustand von Leere, durch Ausleitungsverfahren noch deutlich verstärkt, wird unser System feinsinniger, subtiler und vulnerabler. Wir erhalten einen tieferen Einblick in unsere Innenwelt und nehmen das Außen intensiver und differenzierter wahr. Darin liegt psychotherapeutisch betrachtet eine große Chance, mentale Belastungen zu erkennen und loszulassen. Wie kann das gelingen?

AusZeit!

Der erste Schritt ist die Reduktion äußerer Reize und Änderung gewohnter Abläufe. Eine stationäre Kur oder ein Retreat an ruhigen, friedlichen Orten hilft uns, aus dem alltäglichen Hamsterrad auszusteigen und die Flut an zu verarbeitenden Informationen auf ein Minimum zu reduzieren.

Erst wenn wir in Stille und Nicht-Tun angekommen sind, öffnet sich unsere Innenwahrnehmung. Jetzt können wir innehalten, uns liebevoll zuwenden und Fragen wie diese stellen, die im Alltag meist unbeachtet bleiben:

  • Wie fühle ich mich aktuell? Vielleicht erschöpft, orientierungslos, ängstlich oder traurig?
  • Woher kommen diese Gefühle oder wie sind sie entstanden? Was ist in letzter Zeit passiert, was hat mich belastet?
  • Wie habe ich auf die Ereignisse reagiert und mit welchen Folgen? Würde ich meine Handlungen heute wiederholen?
  • Wovon möchte ich mich innerlich befreien? Bin ich bereit, zu akzeptieren und loszulassen?
  • Wer und was liegt mir am Herzen? Was möchte ich künftig tun, um diesem Ausdruck zu verleihen?

Mental Detox geschieht passiv

Wenn wir unseren Körper reinigen wollen, verbinden wir zwei Maßnahmen miteinander: Entlastung und aktive Elimination.

Entlastung entsteht, wenn wir weniger und leicht verdauliche (zum Beispiel flüssige) Nahrung zu uns nehmen, ausreichend schlafen und anstrengende körperliche Aktivitäten vermeiden.

Die aktive Elimination entfernt angesammelte Rückstände wie Kotreste, Schleim, Wassereinlagerungen und mögliche, an unsere Körpersäfte gebundene Mikroben oder Toxine. Die wichtigste Weg zur Müllentsorgung ist unser Magen-Darm-Trakt, über den sowohl wasser- als auch fettlösliche Substanzen transportiert werden können.

Wenn wir unseren Geist „reinigen“ wollen, ist der erste Schritt mit dem Körper vergleichbar. Wir entlasten durch Reizkontrolle. Der zweite Schritt unterscheidet sich jedoch fundamental – auch wenn wir oft dazu neigen, uns ebenso aktiv von inneren Belastungen befreien zu wollen.

Es gibt keine Ausleitung und damit Befreiung von Angst oder Depression. Im Gegenteil: Je forcierter wir Emotionen loswerden wollen, desto stärker werden sie. Freiheit entsteht jedoch inmitten dieser Zustände.

Es gibt Schmerz. Es gibt Frustration. Wir Alle erleben sie früher oder später, seltener oder häufiger im Leben – unausweichlich. Ob wir darunter jedoch leiden, das beeinflussen wir selbst.

Die amerikanische Psychologin und buddhistische Lehrerin Tara Brach bringt diese Wahrheit in folgender Gleichung zum Ausdruck:

Schmerz (Pain) x Widerstand (Resistance) = Leiden (Suffering)

Die Lösung und Befreiung liegt darin, unseren oft unbewussten Widerstand zu erkennen, zu erforschen und bewusst zu machen. Im gegenwärtigen Moment, ohne Ablenkung, ohne Verdrängung. Damit schaffen wir einen Raum, in dem Schmerzhaftes sein darf, ohne Abwehr und ohne Vermeidung. Diese Annahme lindert erheblich.

Daraus entsteht die Lösungsformel, die Tara Brach lehrt:

Schmerz (Pain) x Gegenwärtigkeit (Presence) = Freiheit (Freedom)

Complete Detox!

Ich bin ein großer Anhänger kombinierter Reinigungsprogramme. Die körperliche Befreiung von Altlasten wirkt wie ein Türöffner für den Geist, der seinerseits wiederum die physische Detoxintensität beeinflusst.

Professionell begleitetes Mental Detox erfordert psychotherapeutische Kompetenzen, um mit schmerzhaften Erfahrungen oder Traumen aus der Vergangenheit mitfühlend und helfend umgehen zu können.

Im Westen haben wir diese Möglichkeiten und sollten sie unbedingt nutzen. Jede ayurvedische Kureinrichtung oder Fastenklinik kann die Wirksamkeit ihrer naturheilkundlichen Maßnahmen auf ein völlig neues Niveau heben und damit zu einer wirklich ganzheitlichen Reinigung beitragen.

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